Mittwoch, 8.6.2005:

Seit den frühen Morgenstunden schüttet es und es bläst ein starker Wind.
Wir verlassen den Campingplatz gegen 11 Uhr und fahren auf der E10 nach Sortland.

Zentraler Ort auf der Inselgruppe der Vesterålen ist Sortland mit rund 4.000 Einwohnern, das alte Siedlungen wie Stokmarknes und das am Nordrand der Inselgruppe gelegene Andenes mit jeweils ca. 3.500 Einwohnern an Bedeutung übertrifft. Insgesamt leben gegenwärtig 32.000 Einwohner auf den Vesterålen.

Im Hafen von Sortland entdecken wir das neueste Hurtigruten Schiff "Midnatsol" (=Mitternachtssonne).

Das Mittagessen wird auf einem Parkplatz bei der Brücke über den Langøysund bei strömenden Regen zubereitet und wir können beobachten, wie die "Midnatsol" unter der eindrucksvollen Sortland-Brücke durchfährt.

In Stokmarknes, der Wiege der Hurtigrute, lohnt ein Besuch des 1993 zum hundertjährigen Jubiläum der Linie eröffneten Hurtigrutenmuseums, das die Geschichte der Postschiffe und ihre Bedeutung für das Leben der Menschen im Küstenraum dokumentiert.
Wir besuchen natürlich dieses Museum und auch die M/S "Finnmarken", ein außer Dienst gestelltes Postschiff, welches nun einen Teil des Museums bildet.

Die Geschichte der Hurtigruten (=Schnelllinie) begann 1893, als der legendäre Kapitän Richard With mit der "Vesterålen" fast unbemerkt von Trondheim ablegte und nach 67 Stunden unter großem Jubel in Hammerfest eintraf. Kapitän With überzeugte alle Skeptiker und konnte trotz schwieriger Witterungsbedingungen im Winter seinen Fahrplan einhalten, so dass sich bald andere Linien am Ausbau der Hurtigrute beteiligten und die Strecke bis Bergen verlängert werden konnte. Die Route Bergen - Kirkenes - Bergen wurde vor dem Ersten Weltkrieg eingerichtet und hat sich bis heute bewährt. Ohne die regelmäßig verkehrenden Schiffe wären die Besiedlung Nordnorwegens und die Erschließung wichtiger Rohstoffe für die Volkswirtschaft des Landes unvorstellbar gewesen. Aber die Hurtigrute hängt am Subventionstropf der Regierung in Oslo, die jährlich mehr als 20 Mio. NOK zuschießen muss, um den Betrieb aufrecht zu erhalten. Bis zum Jahr 2002, so beschloss das Parlament in Oslo, müsse die Hurtigrute wirtschaftlich unabhängig sein. Die notwendigen Investitionen in die Flotte sind angelaufen. Zwischen 1993 und 2002 wurden 8 neue, wesentlich größere und komfortablere Schiffe mit bis zu 650 Betten und für bis zu 1.000 Passagieren in Dienst gestellt, die es erlauben, auch bis zu 50 Pkw zu befördern. Ob das Ziel der wirtschaftlichen Unabhängigkeit dadurch tatsächlich erreicht wurde, konnten wir jedoch nicht herausfinden.

1993 feierten die Hurtigruten ihren 100. Geburtstag. Was für die Norweger die "Reichsstraße Nr. 1" ist, ist für viele ausländische Touristen vor allem im Sommer eine der attraktivsten, wenn nicht sogar die schönste Seereise der Welt. 11 Tage dauert eine Fahrt mit dem Postschiff entlang der faszinierenden, abwechslungsreichen Küste von Bergen im Westen über den höchsten Norden bis an die russische Grenze im Nordosten. Von Kirkenes geht es wieder zurück Richtung Bergen, insgesamt eine Strecke von 2.500 Seemeilen (= 4.632,5 km), die nord- wie südwärts an 35 Städten und Häfen vorbeiführt, an unzähligen Inseln, Bergen und Fjorden. Jeden Tag legt eines der 11 Schiffe um 20 Uhr (Sommer) bzw. 22 Uhr in Bergen ab, während eines vormittags Kirkenes verlässt. Häfen, die in nördlicher Richtung am Tage angelaufen werden, sind auf der Rückfahrt nachts das Ziel und umgekehrt.
Für die Bewohner der Küste Nordnorwegens ist die Hurtigrute immer noch so etwas wie die Lebensader, denn die robusten, zuverlässigen Schiffe transportieren die Post, Lebensmittel und andere Fracht sowie Personen. Wer als Tourist reist, findet keine idealere Möglichkeit, den Alltag der Menschen im Küstenbereich hautnah mitzuerleben. Ständig hat der Reisende Gelegenheit, an Land zu gehen, da die Schiffe oft einige Stunden in den größeren Häfen anlegen, in den kleineren Orten reicht die Zeit für einen Spaziergang. Von Mitte Mai bis Ende August bieten die drei Reedereien, die die Linie betreiben, im Rahmen der Rundreise verschiedene Landausflüge an. Der Reiz der Hurtigrutenschiffe liegt darin, dass sie keine Kreuzfahrtschiffe sind, Unterhaltungsprogramme werden nicht geboten. Die Kabinen, von denen ein Teil für Reisende aus aller Welt freigehalten wird, sind recht klein und zweckmäßig. Auf den älteren Schiffen haben die meisten Kabinen Dusche/WC, auf den neueren Schiffen sind alle Kabinen damit ausgestattet. Auf den zwischen 2.600 und 12.000 BRT großen Kombischiffen geht es sehr ungezwungen zu, Gesellschaftskleidung ist unüblich.

Weiter bei strömenden Regen nach Hadsel, um die Rundkirche zu fotografieren, diese ist aber geschlossen.

Wir fahren nun wieder zurück nach Stokmarknes zum "NAF Campingplatz", ruhig etwas abseits der Straße gelegen. Für das WOMO zahlen wir NOK 100,-, Strom NOK 20,- und für 2 Personen NOK 10,-, sind zusammen NOK 130,- (Die Duschen sind gratis und wir nutzen sie auch ausgiebig).
Abendessen im warmen WOMO.

Das Wetter heute: Regen von früh bis spät.
KM-Stand: 22.553
Tagesstrecke: 81 km

Donnerstag, 9.6.2005:

Die ganze Nacht Regen. Nach dem Frühstück beschließen wir, mit der Fähre von Melbu auf den Vesterålen über den Hadselfjord nach Fiskebøl auf die Lofoten zu fahren, die ja unser eigentliches Reiseziel bzw. unser Wendepunkt sind.
Seit 2007 führt die E10 direkt von Gullesfjordbotn über die Insel Hinnøy nach Fiskebøl, man erspart sich dadurch die Fähre und den (allerdings sehr sehenswerten) Umweg über Sortland und Stokmarknes.

Die Lofoten: Jenseits des breiten Vestfjords und oberhalb des Polarkreises erstrecken sich in südwestlicher Richtung mit einer Länge von bis zu 200 km die berühmten Lofoten, die sich aus vier großen sowie zahlreichen kleineren Inseln zusammensetzen. Viele der durch schmale Sunde getrennten Inseln sind unbewohnt, einige nur spärlich besiedelt, und doch leben insgesamt etwa 25.000 Menschen auf einer Fläche von rund 1.220 km².
Obwohl Lofoten in der deutschen Sprache wie ein Wort in der Mehrzahl klingt und üblicherweise so verwendet wird, steht es im Norwegischen in der Einzahl. Durch Anhängen des Suffixes -en wird die bestimmte Form angezeigt, das Suffix ersetzt also den bestimmten Artikel. Der Name bedeutet so etwas wie „der Luchsfuß“ von „lo“, Luchs, und „foten“, der Fuß.
Nähert man sich dem Inselreich von Süden, so ragt die Lofotenwand, die bis rund 1.000 m senkrecht aufsteigende Gebirgskulisse, aus dem Meer. Das Lofotengestein ist ausgesprochen alt, da es sich um urzeitliche Erstarrungsgesteine handelt, die den Kräften der Verwitterung und Abtragung trotzen. Die heutigen Gipfelfluren, die an die Zentralalpen erinnern, sind durch Frost und Lokalgletscher entstanden. Charakteristisch für den faszinierenden Naturraum sind neben dem sehr schroffen und zerklüfteten Gebirgsrelief die flachen Inseln und Säume der Strandflate am Fuß der hohen Berge. Auf den Inseln prägen klare Seen, weiße Sandstrände und grüne Wiesen ebenso das Bild wie die pittoresken Fischerdörfer, die im Schutz der hohen Berge entstanden.
Wirtschaftlich war schon immer die Lofotenfischerei die Grundlage der ansässigen Bevölkerung. Schon im Mittelalter förderte König Øystein den Fischfang und ließ im Hauptort Vågan eine Kirche und Rorbuer (=Fischerhäuser) errichten.
Der wichtigste Saisonfischfang Nordnorwegens findet von Jänner bis April statt, wenn eine Gunst der Natur den arktischen Dorsch nach Neujahr aus dem Eismeer zum Laichen in den Vestfjord zwischen Lofoten und Festland bringt. Die Wassertemperaturen zwischen 4 - 6°C sowie der richtige Salzgehalt bieten den sieben bis zehn Jahre alten Fischen ideale Laichbedingungen. Der von der Strömung erfasste Laich gelangt entlang der Küste bis in die Barentssee.
Während z.B. 1947, im Rekordjahr, 147.000 Tonnen in die Boote der Fischer gezogen wurden, waren es 1965 nur noch 19.000, gegenwärtig beträgt der Fang etwa ein Viertel des Rekordjahres 1947. Statt der einst 20.000 Fischer, die zur Saison von überall herkamen, beteiligten sich Anfang der 1990er Jahre nur noch etwa 2.000 Fischer am Fang des Kabeljau, wie der Dorsch im nicht mehr jugendlichen Alter genannt wird. Seit Jahren schränken Quotenregelungen den Fischfang ein, damit sich die Bestände wieder regenerieren können. Gegenwärtig gibt es Anzeichen für die Erholung der Kabeljaubestände und somit Hoffnung für viele Lofotinger, denn der winterliche Fang ist das wirtschaftliche Rückgrat der Inselbewohner.
In der Saison 2001 wurden knapp 30 Mio. kg Dorsch gefangen. Das Durchschnittsgewicht lag bei 3,5 kg, vereinzelt können Exemplare von rund 50 kg vorkommen.

Die Überfahrt war etwas rau, es gab Windstärke 5 und hohe Wellen.
Da die Sicht gleich Null ist, haben wir folgendes entschieden: Wir fahren zuerst an die Südspitze der Lofoten und bei Schönwetter (lt. Internet voraussichtlich Samstag) rollen wir dann die Besichtigungen von Süd nach Nord auf.
Mittagessen an der E10 bei Lyngvær. Durch Sturmböen wird unser WOMO dabei immer wieder kräftig durchgeschüttelt. Das Essen schmeckt aber trotzdem, denn im WOMO ist es schön warm und gemütlich.

In Moskenes biegen wir links zum Campingplatz ein. Der Platz liegt auf einer Anhöhe sehr ausgesetzt, eine Felswand und einige Felsblöcke bieten jedoch ein wenig Windschutz.
Die Rezeption ist erst von 20 - 22 Uhr besetzt. Für eine Nacht bezahlen wir mit Strom NOK 150,-. Duschen würden 2 x NOK 10,- kosten.

Wir spielen Karten bis ca. 23 Uhr. Es ist trotz der vielen Wolken noch sehr hell und bis in die späte Nacht zwitschern die Vögel.


Das Wetter heute: Wie gestern, starker Regen die ganze Strecke entlang . Die Wolken hängen bis zum Meer herunter.
KM-Stand: 22.754
Tagesstrecke: 201 km

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