15. Tag: Der Rotwein gestern Abend hat uns allen sehr geholfen. Wir hörten zwar die Züge, konnte aber gleich wieder weiterschlafen. Einheizen, frühstücken und dann an der Dumpstation das Wohnmobil von Abwasser befreien und mit Frischwasser versorgen. Im Office verlängern wir um eine Nacht, reservieren jedoch einen Platz, der weiter von den Bahngleisen entfernt ist und dafür näher beim Fluß liegt.

Bei starkem Regen fahren wir auf dem Hwy. 1 nach Banff. Die Stadt ist das Zentrum des Banff Nationalparks und gleichzeitig, mit ihren 5.200 Einwohnern, die älteste Stadt des Parks. Sie liegt im weiten Tal des Bow River, zwischen seinem jetzigen und seinem ehemaligen Flußbett. Dem letzteren folgen nun die Canadian Pacific Railway und der Trans Canada Highway (Hwy. 1). In einer Höhe von 1.380 m gelegen, ist das schmucke Städtchen von hohen Bergen umgeben. Unter anderem im Süden vom Sulphur Mountain (2.271 m) der seinen Namen von heißen Schwefelquellen hat, die an einer Verwerfung von Gesteinsschichten an seiner Basis austreten. Die Mineralquellen haben Banff zu seiner ersten Berühmtheit verholfen.

Bei starkem Regen spazieren wir durch die Stadt und gehen schließlich in ein Pub Mittagessen: Manfred und Hannes Fish & Chips, Angela Chicken Fingers, und ich grilled Salmon Burger (gegrillter Lachs auf getoastetem Burger mit Dillsauce). Inzwischen hat es aufgehört zu regnen (trotzdem sehr kalt) und wir spazieren weiter durch die Stadt. Angela geht zum Friseur und anschließend genießen wir alle den heißen Kaffee und Kuchen in einer ziemlich nüchtern eingerichteten Cafeteria mit Stehpulten. Von den umgebenden hohen Bergen konnten wir leider nichts sehen, da sie in dichte Wolken gehüllt sind.

Am Nachmittag fahren wir weiter zum Banff Springs Hotel: Das ursprüngliche Banff Springs Hotel öffnete seine Tore für die Gäste im Juni 1888. Bruce Price, Vater des Château-Stils und Architekt in Kanada, entwarf dieses luxuriöse Hotel. Der Bauherr war die Canadian Pacific Railway und das Baumaterial bestand zum größten Teil aus Natursteinen, die vom Mount Rundle stammten. Das schloßartige Grand Hotel, das Wahrzeichen von Banff, mit seinen 867 Zimmern, 17 Restaurants, dem weltbekannten 27-Loch-Golfplatz, Tennisplätzen und vielen anderen Freizeitmöglichkeiten, wurde früher nur von reichen Prominenten besucht, die sich ein so kostspieliges Hotel erlauben konnten. Einen Rundgang durch die Hallen und die Shop Area konnten wir uns nicht entgehen lassen und er zeigt uns, wie luxuriös dieses Hotel tatsächlich ist.

Weiter geht´s nun auf dem am Hwy. 1 gelegenen Buffalo Paddock: Ein 40 ha großes Wildgehege beherbergte einmal eine kleine Waldbisonherde. Auf einem 1,6 km langen Rundweg konnte man die Tiere beobachten. Zur Zeit ist dieses Gehege leider geschlossen.

Wir kehren um und fahren jetzt auf dem Bow Valley Parkway (Hwy. 1a) wieder zurück nach Lake Louise. Dieser Highway ist im Vergleich zum Trans Canada Highway (Hwy. 1) nicht so stark frequentiert und landschaftlich sehenswerter.

Am Campground angekommen heizen wir ein und besprechen die Routen für die nächsten Tage.

Das Wetter heute: Bis zum frühen Nachmittag starker Regen, dann stark bewölkt und kalt.

Tagesstrecke: 150 km

 

16. Tag: Die Nacht war ziemlich ruhig, die Züge hörten wir viel weniger als die letzten Nächte, kein Gewitter, kein Regen. Nach dem Frühstück kaufen wir im Supermarkt von Lake Louise Village noch ein.

Weiter auf dem Hwy. 1a North zum Kicking Horse Pass. Der Scheitel dieses Passes (1.625 m) ist gleichzeitig die GRENZE zwischen dem BANFF NATIONALPARK und dem YOHO NATIONALPARK, die Provinzgrenze zwischen Alberta und British Columbia, sowie die KONTINENTALE WASSERSCHEIDE zwischen PAZIFIK und ATLANTIK. Wir haben nun wieder Pacific Time, daher werden die Uhren wieder um 1 Stunde zurückgestellt.
Der Paß hat seinen merkwürdigen Namen nach dem Geologen Dr. James Hector, der diesen Bergrücken, 1858 überquerte. Ein Packpferd schlug nach ihm aus und traf ihn so hart, dass er ohnmächtig zusammenbrach. Kicking Horse = ausschlagendes Pferd.

Yoho Nationalpark: Als kleiner Nationalpark mit 1.313 km², im Gegensatz zu den anschließenden weltberühmten Nationalparks Banff und Jasper, steht er etwas im Schatten der beiden Großen, ist jedoch nicht minder attraktiv. Der Nationalpark leitet seinen Namen "Yoho" von dem gleichlautenden Ausdruck der Ehrfurcht und Bewunderung der Cree-Indianer ab. Yoho ist ein Park der hohen Wasserfälle, der smaragdgrünen Gletscherseen, der schneebedeckten Bergspitzen, der rauschenden Flüsse und der tiefen schweigenden Wälder.
Das Gebiet des heutigen Yoho Nationalparks wurde erst Ende des 19. Jahrhunderts im Zusammenhang mit dem Bau der ersten transkanadischen Eisenbahn erforscht.

Wir kommen an der doppelten Gleisschleife der Canadian Pacific Railway vorbei. Von einem Viewpoint aus kann man einen Blick auf den "Upper Spiral Tunnel" werfen, das ist eine der beiden Gleisschleifen, die 1909 mit einem immensen Material-, Personal- und Geldaufwand in den Felsen getrieben wurden.
Hier eine kleine Statistik zur Veranschaulichung: 1.000 Arbeiter, wöchentlich ein Toter, 1 ½ Millionen Dollar und 75 Wagenladungen Dynamit.
Wenn man Glück hat, schraubt sich gerade einer dieser fast endlosen Güterzüge mit über 100 Waggons (wir zählten einmal 101 Waggons), von bis zu 5 schweren Dieselloks angetrieben, durch die halb in die Cathedral Crages gebaute, 992 m lange Gleisspirale mit einer Kurvenkrümmung von 288°. Die andere Gleisschleife ist halb in den Mount Ogden getrieben worden. Wir tun uns trotz der angebrachten Tafeln recht schwer, die Züge den beiden Spiraltunnels zuzuordnen, denn oben am Berg fährt ein Zug sehr langsam nach rechts, etwas tiefer einer nach links, daneben im Tal noch ein Zug, ohne dass wir in diesem Moment einen Zuganfang oder ein -ende erkennen können.

Die Eisenbahn: Unter dem harten Konkurrenzdruck der Straße und des Flugzeuges hat die Schiene im Personenverkehr wertvolle Marktanteile verloren. Im Güterverkehr spielt sie noch eine starke Rolle. Im Vergleich zur Deutschen Bahn AG erbringen die kanadischen Eisenbahnen die 3fache Transportmenge im Güterverkehr. Von den 13.700 km für den Personenverkehr genutzte Strecke entfallen allein 6.500 km auf die Transkontinentalverbindung Halifax - Montréal - Toronto - Winnipeg - Saskatoon - Edmonton - Jasper - Vancouver. Der Höhepunkt dieser Strecke ist die Überquerung der Rocky Mountains. Die Fahrt dauert 6 Tage. Mit Schlaf- und Speisewagen ist für Bequemlichkeit und gute Verköstigung gesorgt.

Auf der Yoho Valley Road machen wir einen Abstecher zu den Takakkaw Falls. Bis zum Ende der Straße sind es 14 km. Auf halber Strecke machen enge Serpentinen größeren Campmobilen und Touristenbussen sehr zu schaffen. Am Parkplatz angelangt, stoßen wir auf einen der höchsten Wasserfälle Kanadas, die spektakulären Takakkaw Falls. Aus einer gewissen Entfernung sehen wir das tosende Schmelzwasser des Daly Gletschers, wie es 384 m über eine Steilwand aus kambrischen Kalkstein in den Talgrund schießt. Tatsächlich ist es schon die zweite Stufe, nur diese können wir von unserem Standpunkt aus sehen. Bei der vorherigen Kaskade stürzt das Wasser bereits 60 m in die Tiefe.

Von 12 Uhr bis 14:30 Uhr machen wir Mittagspause in der Sonne auf dem großen Picknickplatz direkt am Fluß mit Blick auf die Takakkaw Falls am gegenüber liegenden Ufer. Heute wird gekocht: Wir machen Spaghetti mit ausgezeichneter Fleischsauce, dazu eine Flasche Rotwein. Ein Eichhörnchen und eine Elster möchten zuerst etwas davon haben, ziehen dann aber doch die Beobachtung aus sicherer Distanz vor. Die wenigen übrigen Touristen nuckeln an ihren Bierdosen und schauen uns ziemlich fassungslos und wohl auch ein bisschen neiderfüllt bei unserem "Festmahl" zu.

Zurück auf den Hwy. 1: Eine Stichstraße führt uns zur Natural Bridge (natürliche Felsbrücke), unter der sich der wilde Kicking Horse River schäumend hindurchzwängt.

Am Ende der Stichstraße und am Fuß des Michael Peak, der sich in dem wunderschönen, türkisgrün schimmernden Emerald Lake spiegelt, liegt dieses Kleinod des Yoho Nationalparks. Seine phantastische Farbe verdankt dieser See dem sedimenthaltigen Gletscherschmelzwasser der President Range. Der feine Staub aus dem Gletscher schwebt im Wasser und reflektiert besonders das grüne Licht des Spektrums, bei Sonne eine Postkartenschönheit. Um den See führt ein wunderschöner Uferpfad. Bei der Hälfte des Uferpfades zweigt der Emerald Basin Trail ab. Wir marschieren ca. 45 Minuten steil bergauf, der Weg wird immer enger und beschwerlicher, die Sonne verschwindet schon hinter den Berggipfeln und wir kehren wieder um. Vom Emerald Basin (Becken) konnten wir nichts bemerken. Der Weg hat sich leider nicht wirklich gelohnt. Wieder am See angelangt, setzen wir unsere See-Umrundung bis zum Ausgangspunkt fort, dabei fühlen wir uns, wie auch schon in Lake Louise, fast wie in einen lebenden Bildkalender hineinversetzt.

Auf dem Rückweg (Hwy. 1) fahren wir bei Field vorbei. Es liegt 1.224 m hoch und ist nach dem Initiator der Transatlantischen Kabelverlegung, Cyrus Field, benannt. Field ist nur ein winziger Ort, eine historische Eisenbahnsiedlung. Hier gibt es eine Tankstelle, einige Läden und die Hauptverwaltung des Yoho-Nationalparks.

Zurück zum Lake Louise Campground. Wieder Stellplatz Nr. 94, nahe dem Fluß. Zum Abendessen gibt es eine Käseplatte und Rotwein. Anschließend eine kleine Geburtstagsfeier für Angela mit Champagner und Chips.

Das Wetter heute: in der Früh sonnig und kühl, tagsüber viel wärmer.

Tagesstrecke: 108 km

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