22. Tag: An diesem sonnigen Morgen fahren wir direkt von
Taupo nach Rotorua.
Rotorua bedeutet
in der Maori-Sprache " schlecht riechender Ort". Der tatsächlich sofort in
die Nase dringende, penetrante Schwefelgeruch hat die Ureinwohner aber
nicht davon abgehalten, sich entlang dem 280 m über dem Meer gelegenen See
und besonders auf der Insel Mokoia niederzulassen und diese zu
terrassieren. Der Stamm der Arawa, lange Zeit die Region beherrschend,
wurde allerdings 1823 von Hongi Hika und seinen Kriegern überfallen und
besiegt. Nachdem dieser Schrecken vorüber war, entwickelten sich die Arawa
zu treuen Anhängern der Briten und wurden daher - selbst nach den
Landkriegen - von anderen Maori-Stämmen immer wieder angegriffen.
Schließlich entschloß sich die Regierung, den Ort unter Staatskontrolle zu
stellen (aus der Rotorua erst 1923 entlassen wurde) und die heißen Quellen
als Heilbäder dem Fremdenverkehr nutzbar zu machen. Der Erfolg ist
unübersehbar: Bis heute wuchs die Stadt auf über 65.000 Einwohner an,
Hotelkomplexe und Bürohäuser wurden in die Höhe gezogen, eine Unmenge
lokaler Reiseveranstalter ließ sich hier nieder, und der Besuch Rotoruas
ist zum unverzichtbaren Bestandteil einer jeden Neuseelandreise geworden.
Mit der beschaulichen Ruhe war es damit aber vorbei - heute kann der
auswärtige Autofahrer durch Parkplatzsuchen entnervt werden und im starken
Verkehr die Orientierung verlieren, der Eindruck der touristischen
"Highlights" leidet unter dem starken Besucherandrang.
Beim Visitor Centre erkundigen wir uns sofort, wo und wann wir in der
Stadt an einer Maori-Show und/oder einer Farm-Show teilnehmen können. Das
Maori-Dorf ist im Süden der Stadt in Whakarewarewa und die Show beginnt um
11.15 Uhr.
Der Eingang zum Whakarewarewa Thermal
Village befindet sich in der Tryon
Street am Te Puarenga River (übersetzt: die schwimmende Blüte). An einem
Torbogen mit Gedenktafeln für die in den beiden Weltkriegen gefallenen
Maori-Soldaten und einem Kassenhäuschen ist man mittendrin im Dorf
Whakarewarewa, kurz Whaka genannt. Kein Freilichtmuseum, sondern eine
kleine Siedlung, in der auch heute noch Maori-Familien vom Stamm der
Arawas leben. Da es früher keine Brücke zwischen Torbogen und dem
Kassenhäuschen gab, wurden Besucher im Huckepack von einer zur anderen
Seite über angelegte Steine getragen. Die erste Fußgängerbrücke wurde im
Jahr 1885 errichtet.
Mit dem Zischen, Qualmen und Brodeln zwischen den bunt angemalten
Häusern wird zweckmäßig umgegangen. Mal dient eine mit einem Holzgestell
überdeckte kochende Wasserstelle als Herd, mal ein handwarmer Teich als
große Wanne.
Auch für das abendliche Wamrwasserbad der Familie gibt es spezielle
Becken. Das war auch früher die originale Badegegend und wurde auch
benutzt um Babywindeln zu waschen und zu sterilisieren. Auch die
medizinische Qualität des Mineralwassers ist wohlbekannt, sorgt es doch
für sofortige Linderung von Muskelschmerzen, von Arthritis und
Rheumabeschwerden. Es wird Ölbad wegen dem öligen, seidigen Gefühl
genannt, welches das Wasser vermittelt. Die Bewohner lernen von
Kindesbeinen an, wie sie sich zu verhalten haben, wenn sie die Bäder
benützen, da ein bestimmtes Verhalten erwartet wird. Sie nehmen ein Bad
genauso wie wir: Mit Seife und Shampoo. Die Form des Gemeinschaftsbadens
ist ein sehr natürlicher Teil des Lebens im Dorf und wird von allen
Bewohnern respektiert.
Der Komfort aus der Erde schafft allerdings bei Beerdigungen auf dem
nahegelegenen Friedhof Probleme. Weil man nur wenige Meter tief graben
kann, ohne dass heißes Wasser zutage tritt, müssen die Gräber oberirdisch
aus Stein angelegt werden. Aber Ende der 80er Jahre gab es noch ein
Problem: Die Geysire ließen nicht mehr so viel Dampf ab wie einst.
Wissenschaftler fanden die Lösung: Die Haushalte, aber auch die vielen
Motels hatten den Geysiren das Wasser abgegraben, in dem sie die
Gratisenergie reichlich zur Heißwasserversorgung und für Heizung nutzten.
Pünktlich um 11:15 Uhr sitzen wir in der ersten Reihe. Wenige Besucher
kommen noch dazu. Von den Maoris keine Spur. So warten wir mit den anderen
noch bis ca. 11:30 Uhr, bis uns ein Maori-Kind mitteilt, dass die Uhren um
1 Stunde auf Winterzeit zurückgedreht wurden. Dann war uns alles klar. Wir
stellen unsere Uhren richtig und besuchen noch einige View Points mit herrlichem Panoramablick.
Und dann ist es soweit, der Tanz beginnt. Der HAKA, der Kriegstanz, gehört
natürlich zum Programm. Halbnackte, meist kräftige Tänzer mit wild
aufgerissenen Augen und herausgestreckter Zunge wollen dem Publikum das
Fürchten beibringen. Nach feindseligen Schreien folgen auch romantische
Lieder, bei denen der Rhythmus mit den "Poi´s" untermalt wird. Das sind je
2 weiche, mit buntem Bast umwickelte Kugeln, die an den Enden einer Schnur
angebracht sind und rhythmisch gegen die Handflächen oder den Körper
geschlagen werden. Hier in Whaka geben sich die Akteure große Mühe, alte
Tänze und Lieder so authentisch wie möglich wiederzugeben.
Nach dem Rundgang durch das Dorf und der Tanz- und Singshow fahren wir
gleich weiter in den Norden der Stadt nach NGONGOTAHA, wo sich rechts
neben der Straße der Agrodome, ein immer noch intakter Farmbetrieb befindet, wo alles,
was Schafzucht, Schafrassen, Schafschur, Wollqualität und Hirtenhunde
betrifft, erläutert wird. Vor bis zu 800 Zuschauern in der großen Halle
stehen 19 Schafarten vom Merino bis zum Leicester auf Podesten ihren Bock,
stellvertretend für ca. 50 Millionen, die Neuseeland abgrasen. Für
Aufklärung sorgt der bodenständige Conferencier, der auch beweist, dass
das Schafscheren sein Handwerk ist. Star der Veranstaltung ist das
Merino, ursprünglich aus Spanien. Keine Wolle ist feiner als die der über
2 Millionen Merino-Schafe in Neuseeland.
Inzwischen ist man bei der Show auch auf die Kuh gekommen. Da dürfen
freiwillige Besucherinnen die Fingerfertigkeit beim Melken zur Schau
stellen - auch wenn sie kalte Hände haben.
Der Höhepunkt der Show ist die Demonstration der Schäferhunde. Von
einer bestimmten Rasse kann eigentlich hier nicht gesprochen werden. Es
gibt den eye dog oder header dog, der die Tiere geduckt, ohne Bellen und
mit zwingendem Blick vorantreibt, und den hunt-away, der nach den
Hinterteilen der Schafe schnappt. Beide haben jedoch eines gemeinsam:
Absoluten Gehorsam. Sechs Monate werden die Tiere trainiert; bis zu ihrem
8. Lebensjahr verrichten sie ihre Dienste.
Nach dieser tollen Vorführung auf der Bühne werden wir mit einem
Traktor mit Anhänger auf die 160 ha
große Farm gebracht. Unser Führer hat genügend Kübeln mit Futter dabei,
damit wir all die gefräßigen Tiere (Schafe, Kühe, Hängebauchschwein,
Alpaka-Ziegen, Strauß, Rehe und Hirsche) füttern und auch streicheln
können. Die Besucher aus den asiatischen Ländern (Indien und Singapur)
zeigen hier ziemliche Berührungsängste, aber ein Paar aus der Schweiz und
wir beide machen natürlich mit.
Weiters kommen wir bei dieser geführten Tour bei einr
Kiwifruit-Plantage vorbei. Es gibt weibliche und männliche Kiwipflanzen.
Bäume mit weiblichen Blüten sind Farmers Liebling, denn nur sie tragen
Früchte. Im November und Dezember erscheinen die ersten Früchte. Richtig
Betrieb herrscht auf der Plantage lediglich während der 6-wöchigen
Erntezeit von April bis Mai, wenn sich unzählige Pflücker mit
beutelartigen Spezialschürzen über die schwer tragenden Äste hermachen,
"zwar nicht mit Samt-, aber mit Strickhandschuhen", werden die Kiwis
geerntet. Denn die Schale der Frucht ist ausgesprochen empfindlich und
darf nicht verletzt weren. In Neuseeland wurde mit dem Anbau der
Kiwipflanze erst in den 50er Jahren begonnen. Es folgte ein wahrer
Kiwiboom, der viele Landwirte in das lukrative Geschäft einsteigen ließ.
Heute ist die hairy berry, so genannt wegen ihrer leicht haarigen Schale,
zwar immer noch reich an Vitaminen, aber wirklich reich macht sie nicht
mehr. An Ort und Stelle bekommen wir einen Kiwifruchtwein und einen
Kiwihonig zum Verkosten.
Nun verlassen wir Rotorua und fahren gleich weiter auf dem Hwy. 5 -
Hwy. 28 - Hwy. 29 und Hwy. 2 nach Omokoroa (19 km nördlich von Tauranga)
zum "Plummers Point Caravan Park Campground". |