Mittwoch, 13.10.2004:
Heute machen wir einen Ausflug nach Süd-Nikosia
(Lefkosia) - die geteilte Stadt. Die Stadt, ist seit dem 11.
Jahrhundert die Hauptstadt der Insel.
Wir nähern uns Nikosia von Süden her, durchfahren ein ausgedehntes
Industriegebiet und dann beginnt ein riesiges Häusermeer. Süd-Nikosia
ist zwar in erster Linie eine Handelsstadt, doch sie kann auch eine Menge Geschichte
und Kultur vorweisen. Allemal ist sie zypriotischer als die Ferienorte. Seit
dem Fall der Berliner Mauer ist die Hauptstadt Zyperns die einzige geteilte
Stadt in Europa. Seit 1974 ist Nikosia geteilt: die Green Line verläuft
quer durch das Stadtgebiet, trennt griechische und türkische Zyprioten
und schränkt die Bewegungsfreiheit ein. Das Hin- und Herpendeln zwischen
den beiden Sektoren ist inzwischen wieder in beiden Richtungen (an bestimmten
Orten und Zeiten) möglich.
Die Mauern, die die Venezianer vor der osmanischen Invasion im
Jahre 1570 um die Altstadt gezogen haben, kann man kaum verfehlen. Ein eindrucksvoller
Schutzwall mit elf gewaltigen Bollwerken war für die Türken kein ernst
zu nehmendes Hindernis. Sie stürmten die Stadt und massakrierten 20.000
Einwohner.
Die enge Altstadt von Süd-Nikosia (wo griechische Zyprioten leben) hat
ein völlig anderes Gesicht als die moderne Neustadt. Enge, schattige Straßen
mit zum Teil baufälligen Häusern schaffen in manchen Teilen ein beinahe
dörfliches Ambiente, und man kommt am besten zu Fuß vorwärts.
Es herrscht kein Mangel an Monumenten aus Zyperns Geschichte: Kirchen aus der
Zeit der Herrscher von Byzanz und Lusignan, türkische Moscheen, venezianische
und osmanische Architektur. Sanierungsprojekte bringen neues Leben in die diversen
verwahrlosten Viertel. Reger Verkehr, Bürohäuser und Läden sind
charakteristisch für die Neustadt.
In einem Parkhaus in der Leoforos Evagorou I., in der Nähe
des Stadions stellen wir unser Auto ab und beginnen unseren Rundgang beim Rathaus
und der Bibliothek durch die Innenstadt.
Das Altstadtviertel gleich neben der venezianischen Stadtmauer wurde in den
Achtzigerjahren im Zuge der Stadterneuerung umgekrempelt. Das Ergebnis ist ein
Fußgängerviertel mit Häusern aus den Zwanzigerjahren, in denen
vorwiegend Tavernen und Läden untergebracht sind.
Omeriye Moschee:
Der Ruf des Muezzin versammelt die Gläubigen zum Gebet in Süd-Nikosias
größter Moschee, wo ägyptische Geistliche Gottesdienste für
islamische Diplomaten, Geschäftsleute und Touristen abhalten. Lala Mustafa
Pasa, Befehlshaber der osmanischen Invasionstruppen von 1570, ordnete die Umwandlung
der katholischen Marienkirche in eine Moschee an. Am Eingang der Moschee ziehen
wir unsere Schuhe aus (ich bekomme noch einen Umhang um meine Schultern und
die nackten Knie zu bedecken) und besichtigen das kühle, schlichte Innere.
Erzbischofspalast:
Der Palast des Erzbischofs ist eine Rekonstruktion des neo-byzantinischen Originals
von 1960. Das prächtige Gebäude wurde 1974 während des kurzen
aber heftigen griechisch-zypriotischen Bürgerkrieges zerstört. Der
Palast und somit auch die Privatgemächer sind nur bei besonderen Anlässen
zugänglich, dann kann auch das Schlafzimmer des Erzbischofs besichtigt
werden.
Bronzestatue
des Erzbischofs Makarios: 10 m hoch und 20 Tonnen schwer steht
Erzbischof Makarios III. in Bronze vor seinem Palast und blickt gen Süden
auf sein geliebtes Zypern. So monumental die 1987 aufgestellte und nicht unumstrittenen
Statue auch wirken mag: Das Gesicht des Erzbischofs ist weich, fast schon zärtlich,
sein Gesicht und Oberkörper sind relativ fein ausgearbeitet, wie auch die
Kette mit den Insignien seiner Herrschaft und sein Bischofszepter, das Zyperns
Erzbischöfe als einzige in der orthodoxen Welt (statt des Bischofsstabes)
als Symbol für Macht und Würde kaiserlicher Herrschaft tragen dürfen.
Nach unten hin wird die Statue immer schemenhafter.
Green Line:
Wie eine Narbe teilt die Demarkationslinie Nikosia. Griechische Zyprioten und
türkische Soldaten stehen einander an einer Schneise der Zerstörung
gegenüber, und auf einen dünne blauen Linie mittendrin sind die UN-Friedenstruppen
stationiert. An manchen Stellen liegen die beflaggten gegnerischen Posten nur
ein paar Meter auseinander. Man kann dem gewundenen Pfad entlang der vom Krieg
zerstörten Häuser folgen oder einen Beobachtungspunkt an der Grenze
aufsuchen. Wir stehen auf einmal vor einer blau-weiß bemalten Mauer, die
einen Teil dieser Green Line darstellt. Fotografieren ist hier strengstens verboten.
Wir
gehen nun kreuz und quer durch die Innenstadt von Nikosia, machen noch das eine
oder andere Foto, kehren dann über die A1, A2 und A3 gegen 16 Uhr ins Hotel
zurück und freuen uns über einen kühlenden Spaziergang am Strand.
Abendessen in Agia Napa.